Freitag, 13. Mai 2011

Die Geschichte des Herz-Jesu-Bildes von Bethanien

Morgen jährt sich der Todestag von Claret de la Touche. Aus diesem Anlaß erscheint dieser Artikel mit ein paar Details aus Leben dieser bemerkenswerten Frau. Claret de la Touche tritt immer hinter dem Werk zurück, dem sie sich verpflichtet fühlt: dem Werk der Unendlichen Liebe. So soll es auch hier nicht um ihre Person gehen, sondern um ihr Bild vom Erbarmungsvollen Herzen „Misericordiam volo“. (siehe Abbildung rechte Seitenleiste)

Das Original befindet sich in Vische und ist für Bethanien ein kostbarer Schatz. Seine Geschichte ist wenig bekannt. Man muß sie kennen, um das Bild besser verstehen zu können.

Die Idee

Nach dem Zeugnis der Künstlerin erblickte sie 1902 Jesu in einer inneren Schau mit einem Ausdruck, der sie tief berührte. Diese Erscheinung prägte ihrer Seele den Grundriß der Gedanken zu ihrem Buch „Herz Jesu und Priestertum“ ebenso ein wie die unverwechselbaren Züge, die sie dem Bilde zu geben wußte.

Ihr Seelenführer, dem sie die Erscheinung mitteilte, zeigte sich – wie stets – zurückhaltend gegenüber dieser Mitteilung und verlangte: „Wenn es wahr ist, daß sie den göttlichen Heiland gesehen haben, dann malen sie ihn. Dann werde ich glauben.“
Claret de la Touche durfte ohne die Erlaubnis ihrer Ordensoberin jedoch nicht malen – darum schwieg sie und legte alles in die Hände der Unendlichen Liebe.

Die Ausführung

Gegen Ende des Jahres 1902 kam ihre Mutter, Frau de Chamberet, zu Besuch. Aufgrund der kirchenfeindlichen Stimmung in Frankreich fürchtete sie, daß sich vielleicht bald ihre Tochter für immer von ihr trennen müßte. Sie verlangte als Andenken ein eigenhändig gemaltes Bild des Herzens Jesu für ihren Salon – aber anders als jene, die damals „Mode“ waren. Sie nahm es auf sich, der Tochter die notwendigen Materialien zu besorgen und das Bild zu bezahlen.

Am gleichen Abend gab die Oberin – von der Mutter aufmerksam gemacht – Claret de la Touche den Auftrag, das Bild zu malen.

Diese richtete ein kleines Atelier in einem Winkel des Klosters ein. Die Novizinnen, denen Claret de la Touche zu dieser Zeit als Novizenmeisterin vorstand, wußten nichts über die Hintergründe des Bildes. Sie stellten nur fest: jedesmal, wenn ihre Novizenmeisterin am Bilde arbeitete, verweilte sie zuvor längere Zeit im Gebet und alle nahmen den Duft einer übernatürlichen Atmosphäre wahr.

Frau de Chamberet wagte nach der Fertigstellung nicht, das Bild in ihrem Salon aufzuhängen (dort wurde auch getanzt). Sie bewahrte es in einer Schachtel mit doppeltem Boden auf.

Als Geschenk für Bethanien

Nach der Verbannung der Schwestern aus Frankreich und einer Zeit der Heimatlosigkeit in Oberitalien, fand Claret de la Touche schließlich in Vische das „Waldhaus“, wo sie die Fundamente für „Bethanien“ legte.

Für die neue Kapelle der jungen Gemeinschaft stand nur ein billiges Ölgemälde zur Verfügung. Deshalb bat eine Schwester Frau de Chamberet um das Bild des Erbarmungvollen Herzens. Frau de Chamberet willigte nach einer ersten heftigen Ablehnung schließlich ein, sagte aber ganz bestimmt: „Es gehört mir und ich will es wiederhaben.“

Das Bild kam also nach Vische. Claret de la Touche wurde bei seinem Anblick tief ergriffen und verriet zum ersten Mal den eigentlichen Ursprung des Bildes: „Ja, es ist etwas, das ich gesehen habe.“

1915 kam Frau de Chamberet nach Italien, um ihre Tochter zu besuchen. Sie betete vor dem Bild in der Kapelle und sagte vor ihrer Abreise: „Behaltet das Bild. In der Kapelle ist es viel mehr am Platze als in meinem Salon.“

Das Bild strahlt auch heute noch die Botschaft der Unendlichen Liebe aus.

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Donnerstag, 12. Mai 2011

Jesus verzeiht (Teil 2)

„Wenn wir dem göttlichen Meister während der drei Jahre seines öffentlichen Lebens folgen, seinen Spuren in jener arbeits- und ergebnisreichen Zeit seines Wirkens nachgehen, so werden wir ihn ständig auf der Suche nach den Sündern finden …

… Und wie gut wird er seine Sendung als Erlöser erfüllen! Mit welchem Eifer wird er die Seelen geradezu verfolgen! Wie wird er sich herablassen bis zum tiefsten Elend des Sünders, um ihn emporzuheben zu seiner göttlichen Heiligkeit!

Jesus liebt die Sünder, denen er verzeihen will, die er losspricht. Und doch: was sind die Sünder vor Gott? … Sie sind zunächst undankbar: nachdem sie alles von Gott empfangen, mißachteten sie seine göttliche Freigebigkeit, vergaßen seine Güte und verwundeten sein Herz. Sie sich auch Empörer: als Geschöpfe zur Abhängigkeit und Unterwürfigkeit verpflichtet, haben sie das rechtmäßige und milde Joch der Herrschaft Gottes abgeschüttelt und sich selbst zu ihren alleinigen Herren gemacht. Sie sind endlich Verräter: die Herrschaft über die Welt war ihnen anvertraut; an ihnen war es, die niederen Geschöpfe alle zu betreuen und auf Gott hinzuleiten. Nun haben sie das Vertrauen Gottes mißbraucht, die Geschöpfe von ihrem Ziele abgewandt und sie in gewissem Sinn gezwungen, ihren Herrn, Schöpfer und König zu verlassen.

Und Jesus liebt sie, diese Sünder! Ja, er liebt sie. Die Liebe zu ihnen ließ ihn vom Himmel auf die Erde herabsteigen, um zu arbeiten, zu leiden und in Schmerz und Schmach zu sterben.“

(Claret de la Touche)

Die Werke der Liebe

„Wenn ich Zeit hätte und weniger unwissend wäre, würde ich von der Unendlichen Liebe schreiben, was ich erkenne, um sie auch anderen begreiflich zu machen.

Es ist das Verlangen, mehr geliebt zu werden, das Gott dazu treibt, in dieser Weise seine Liebe zu offenbaren, die er in sich birgt, oder besser, die er selber ist.

Es ist die überströmende Fülle seiner Liebe, die ihn zum Schöpfer machte; es ist seine Liebe, die ihn zur Menschwerdung drängte und die ihn zum Erlöser und Heiland bestellte. Es ist seine Liebe, die die Kirche gegründet, die das Priestertum, die Eucharistie und die übrigen heiligen Sakramente erdacht hat.

Seine Liebe hat das Fegefeuer bereitet für jene Seelen, die in den Prüfungen des Lebens sich nicht genügend läutern ließen. Seine Liebe hat die Wohnung des Friedens, der Freude und der Herrlichkeit geschaffen für jene Seelen, die guten Willens sind. Es ist die geschmähte und verkannte Liebe, die das Feuer der Hölle entzündete.

Die Liebe überall, die Liebe in allem! Warum? Weil Gott selbst die Liebe ist, und weil er nichts hervorbringen, an nichts rühren kann, ohne daß es das Gepräge dieser seiner Liebe trage.“

(Claret de la Touche)

Sonntag, 10. April 2011

Jesus verzeiht (Teil 1)

„Gott ist Liebe! (1 Joh 4,8.) Sein Leben ist die Liebe: all seine göttlichen Betätigungen, sei es nach innen, sei es nach außen, sind Betätigungen der Liebe ...

Alles, was Gott nach außen schafft, ist eine Schöpfung der Liebe. Denn er ruft nur ins Dasein, um zu lieben, und all seine Betätigungen hinsichtlich seiner Geschöpfe sind ebenfalls Betätigungen der Liebe. Ob er anordnet oder schützt, ob er straft oder verzeiht, ob er seine besondere Huld schenkt oder sie entzieht: es ist immer Liebe.

Aber diese unaussprechliche Liebe nimmt verschiedene Namen an, je nachdem sie sich betätigt: wenn die Liebe befiehlt, ist es die Allmacht; wenn sie schenkt, die Güte; wenn sie straft, die Gerechtigkeit; wenn sie verzeiht, die Barmherzigkeit. Immer also lebt und wirkt in Gott die Liebe, und wenn sie sich auch in verschiedenen Formen zeigt, so ist es doch eine einzige Liebe, ein einziges Wirken, eine einzige Kraft: Gott in seiner absoluten, unermeßlichen, tiefen, unbegrenzten, unwandelbaren, ewigen Einheit.

Der Mensch ist also geschaffen worden durch die Liebe, eine fruchtbare, überfließende, freigebige Liebe, die es drängt zu geben. Liebe eines Vaters, der sein Leben mitteilen will; Liebe eines Künstlers, der Kunstwerke schaffen will. Die schenkende Liebe bereichert den Menschen im Stande der Unschuld mit ihren Gaben. Als der Mensch gesündigt hatte, sollte die strafende Liebe, die Gerechtigkeit, ihre Strenge zeigen. Aber, die verzeihende Liebe, die Barmherzigkeit, war da und tat dem Arm Einhalt, der schon erhoben war, um zu schlagen ...

Nachdem die Menschheit lange gelitten und geweint hatte, nachdem sie in vielen Heimsuchungen und langem Warten schließlich Gottes Mitleid gerührt hatte, stieg das Wort hernieder auf die Erde ...

Die namenlose Liebe, die menschgewordene Barmherzigkeit kam nicht nur, um die Wahrheit zu lehren und dem menschlichen Verstand das Licht göttlicher Klarheit zu geben. Sie kam vor allem, um der Erde die Verzeihung Gottes zu bringen ... Jesus war selber diese große Verzeihung Gottes, wesenhafte und lebende, wirksame und rettende Verzeihung. Darf man sich also wundern, wenn wir sagen: Jesu Neigung war die Barmherzigkeit? Die übernatürliche, seinem Herzen natürliche Richtung war bei ihm stets: zu verzeihen und loszusprechen.“

(Claret de la Touche)

Die Pläne der Unendlichen Liebe

„In den ewigen Höhen, wo er wohnt, in dem erhabenen ewigen Schweigen, in dem er ruht, ohne seine Tätigkeit je zu unterbrechen, hat Gott Pläne der Liebe.

Könnte er vielleicht anders sinnen, er, die Unendliche Liebe? Was könnte er planen, wenn nicht Werke der Liebe?

Gott hatte also den Plan, zu lieben und geliebt zu werden, nicht nur von sich selbst, sondern auch von anderen, von ihm geschaffenen Wesen …

Die Engel, das Weltall, die Menschheit traten nach und nach hervor durch die wirksame Kraft seines allmächtigen Wortes, und der Geist der Liebe hatte sein Wohlgefallen an diesen Wunderwerken. Der Mensch, der Jüngstgeborene der Schöpfung, wurde von Gott, gleich Benjamin, in besonderer Weise geliebt. Gott hatte für ihn neue Pläne der Liebe.

O, wie wunderbar sind Gottes Pläne!

Als unerreichbarer göttlicher Künstler hatte er den Menschen geformt…
Bald kam die Sünde darüber und verunstaltete mit ihrem giftigen Odem das göttliche Meisterwerk. Doch Gottes Plan wurde dadurch nicht zunichte.

In der Fülle der Zeiten stieg das Ewige Wort hernieder, umkleidete sich mit einem leidensfähigen, sterblichen Leibe, wurde Mensch. Da hatte sich Gottes Plan verwirklicht. Gott und Mensch waren ganz eins: in Jesus Christus bildeten sie eine göttliche Person…

… Gott ist die Liebe, und die Liebe ist unersättlich im Verlangen nach Vereinigung. Er ersann darum neue innige Verbindungen: die Eucharistie, die Kirche, mit deren Leib sich auf das engste sein Heiliger Geist verband; es war besonders das Priestertum, in das er sein Herz hineinlegte ...“

(Claret de la Touche)

Donnerstag, 3. März 2011

Die Eigenschaften der Liebe (Teil 4)

„In den letzten Tagen habe ich mich immer wieder beschäftigt mit den vier Wörtern des hl. Paulus: … die Breite und Länge, die Höhe und Tiefe (der Liebe)…

Die Tiefe: Wer wird jemals hinabsteigen können in die Tiefen dieses undurchdringlichen Abgrundes? …

Die Zeit, die doch alles auflöst, vermochte nichts gegen sie. Die Flut menschlicher Schandtaten ist an ihr zerschellt, wie die stürmischen Meereswogen sich brechen am Granitfels.

Die ganze Ewigkeit reicht den Seligen nicht aus, um die Tiefen dieser abgrundlosen Liebe zu ergründen.

Die Tiefe: Gehen wir zum Herzen Jesu. Treten wir ein durch die weite Öffnung, die ihm die Lanze gemacht hat; schauen wir in diesen Abgrund göttlicher Liebe, suchen wir diese Tiefen zu ermessen.

Doch nein, die Seele ergreift eine Art Schwindelgefühl, wenn sie in diese Tiefen der Liebe hineinschaut. Wir müssen die Augen schließen, jeden Stützpunkt aufgeben und uns einfach fallen lassen in diese göttlichen Tiefen, ohne begreifen zu wollen, ohne eine Erklärung zu suchen.

Die Liebe kann man nicht erklären. Man ersehnt und sucht sie, man verkostet sie, man berauscht sich an ihr; man lebt von ihr und stirbt in ihr, aber man kennt sie nicht!

O die Tiefe!“


(Claret de la Touche)

Freitag, 25. Februar 2011

Schwierigkeiten im Lehren (Teil 3)

„Nach dem Beispiel seines Meisters soll also der Priester in seiner Lehrweise Klugheit und Einfalt verbinden. Will er mitten in der verdorbenen Welt, in der er leben muß, Gutes wirken, so muß er mit weltüberlegener Weisheit reden und handeln. Er sei klug in seinem öffentlichen Vortrag: weit mehr Apostel als Polemiker, viel mehr Ausspender der Gaben Gottes und Diener der Barmherzigkeit als ungestümer Welterneuerer! Der Haß wird nur durch Liebe überwunden … Sicher gilt es manchmal auch hart zu sein; aber Klugheit muß die Härte leiten, die gerechte Strenge führen und im Strafen wie auch im Verzeihen herrschen.

Der Priester sei klug in der Belehrung einzelner! Er suche die Seelen gut kennen zu lernen, bevor er ihnen Anweisung gibt. Er sei klug in der Entscheidung über Berufe, vorsichtig, wenn es gilt, die Seelen Verpflichtungen auf sich nehmen zu lassen, die ihre ganze Zukunft bestimmen und vielleicht ihr Gewissen in Unruhe versetzen können.

Der Priester sei klug vor allem in der Unterweisung, die er Mädchen und Frauen gibt ... Wieviel Unfrieden in Familien, Zwietracht unter Eheleuten, wieviel Abwege und manchmal gänzliches Verlassen des Weges der Frömmigkeit kam schon durch unklugen Rat, durch Worte, die ja im Grunde richtig und heilig waren, aber in ihrer Form mißverstanden werden konnten!

So wappne sich denn der Priester Jesu nach dem Beispiel seines göttlichen Vorbildes mit Klugheit! Er ist ebenfalls Lehrer, Lehrer der Seelen, Lehrer der Heiligkeit und Tugend. So seien also seine Worte Echo der Worte des Herrn, die ganz von Weisheit, Maß und Wahrheit getragen waren!“

(Claret de la Touche)